NEUES rund um die Chirurgie.
Im folgenden einige Beispiele, die mir besonders wichtig sind:
„Hämorrhoiden!“ - Bitte kein Grund zur Panik !!?
Wenn die Vermutung „Hämorrhoiden“ ausgesprochen wird oder Sie das in einer „Zuweisung“ lesen, ist das kein Grund zu Panik bzw. übertriebener Angst.
Erstens, kann sich hinter dem Wort „Hämorrhoiden“ anderes verbergen, z.B. Analfissur oder Abszess oder eine harmlose Entzündung (Proktitis), ein kleiner Abszess, ein Pilzbefall, etc.
Zweitens, heißt „Hämorrhoiden“ nicht zwangsläufig Operation, unerträgliche Schmerzen, langer Krankenstand, ..
NB: 20% aller Menschen haben Hämorrhoiden; bei Koloskopien (Darmspiegelungen) werden in 40% Hämorrhoiden gefunden, die meist keiner Behandlung bedürfen.
Wie kommt man aus dieser Ungewissheit hinaus? – Relativ einfach, durch eigenes Grundwissen um die Krankheit, durch den/die kundige/n Arzt/Ärztin. – Das ärztliche Wissen um Hämorrhoiden und andere Erkrankungen des Afters/= der Analregion wird Proktologie genannt
Nun, schön der Reihe nach:
Hämorrhoiden (Noduli haemorrhoidales) sind erweiterte Venen (Adern), im Analbereich (=After), die von kleinen Arterien (Schlagadern) mit Blut versorgt werden. „Hämorrhoiden“ (Plexus haemorrhoidalis = das arterio-venöse Blutgefäßgeflecht am After) sind somit etwas „Normales“ und erst ihre Erweiterung erlangt je nach Beschwerdebild Krankheitsbedeutung, sodaß man bei Beschwerden vom Hämorrhoidalleiden spricht. Erst dieses ist behandlungsbedürftig; im Umkehrschluss brauchen Hämorrhoiden ohne Beschwerden nicht behandelt werden.
Nach ihrem Schweregrad, genauer gesagt dem Grad des Hervortretens von Hämorrhoiden, werden diese eingeteilt (s. Abb.1) :
Stadium 1: kein Hervortreten, d.h. von außen nicht sichtbar; bemerkbar durch Blut auf dem Toilettepapier oder Blut beim/auf dem Stuhl; meist keine Schmerzen
Stadium 2: treten beim Pressen hervor, gehen von selbst zurück (=Reposition von Hämorrhoiden); eher keine Schmerzen
Stadium 3: treten hervor und bleiben außerhalb des Afters (= Prolaps; prolabierend), können aber digital (=mit den Fingern) in den Analkanal (= After) zurückgeschoben (=reponiert) werden; eher keine Schmerzen.
Allen Graden ist Juckreiz, Fremdkörpergefühl gemeinsam.
Stadium 4: der/die Knoten sind hervorgetreten und können nicht reponiert werden; oft nur ein Knoten (Sentinel-Knoten) betroffen; meist schmerzhaft; Therapie s. weiter unten
Zwischenergebnis: Sie haben nach dem Lesen obiger Zeilen bereits die medizinische Ausdrucksweise (Terminologie) erlernt!! und .. wissen sich selbst zu helfen, s. auch weiter Untenstehendes!
Doch nun zu „Erstens“, s.o.: Wenn Sie „Hämorrhoiden“ hören oder als Diagnose lesen, .. kann es auch etwas anderes/Differentialdiagnose sein (s.o.) – Hämorrhoiden verursachen selten (starke) Schmerzen, - wenn ja, so verspürt der/die Patient*in einen erbs- bis kirschgroßen, eher harten, bei Betastung schmerzhaften Knoten am After, entsprechend einem thrombosierten (=Blutgerinnsel) Hämorrhoidalknoten. Auf diesem Weg ist eine Selbsdiagnose und erste Einschätzung möglich, die Bestätigung erfolgt durch den/die wissende/n Ärzt*in. - Bestehen Schmerzen („wie mit einer Rasierklinge“), v.a. beim Absetzen von Stuhl und zusätzlich hellrote Blutauflagerungen auf dem Stuhl, so kann man von einer Analfissur (ein Schleimhautriss der Analschleimhaut) ausgehen. – Die Bestätigung bitte wieder durch den/die wissende/n Ärzt*in.
Andere Möglichkeiten:
Ein Abszess, medizinisch: periproktitischer oder perianaler Abszess, betrift die Haut in der Nähe des Afters, d.h. „weiter außen gelegen“ als ein Hämorrhoidalknoten, beim bloßen Berühren sehr schmerzhaft, pochender Schmerz, auch in der Nacht, eventuell Fieber – solche Abszesse müssen operativ eröffnet werden (= Inzision).
– Austreten von Eiter oder übelriechendem Sekret (selten Stuhl) in der Nähe des Afters ohne wesentliche Schmerzen kann Hinweis auf eine Fistel (perianale Fistel, Analfistel) sein; auch diese bedarf einer operativen Sanierung; das ist selten akut notwendig; etwas schwieriger, weil die Fistel in Verbindung mit dem Schließmuskel stehen kann. Die Behandlung kann nur durch den/die wissende/n Chirurg*in erfolgen: Gefahr der Inkontinenz für Stuhl bei Verletzung des Schließmuskels durch die Operation!
Andere mögliche Erkrankungen des Afters: Proktitis (= Entzündung des Afters) mannigfacher Ursache (Bakterien, Pilze, chronisch entzündliche Darmerkrankung wie Morbus Crohn ..), Analekzem, Analprolaps, Rektumschleimhautprolaps; Analkarzinom (Krebs der Afterregion; selten, aber gefährlich): letzteres in 0.63% aller Patient*innen mit der Zuweisungsdiagnose „Hämorrhoiden“.
Diagnostik:
Anamnese (= Erfragen der Beschwerden), Anschauen der Afterregion (= Inspektion), rektal-digitale Untersuchung (Untersuchung des Analkanals mit dem Zeigefinger), Proktoskopie (Spiegelung des Analkanals mit einem Instrument = Proktoskop, s. Abb. 2): tut nicht weh, ist nur etwas „unangenehm“, ähnlich wie die Untersuchung mit dem Finger.
Jetzt habt Ihr bereits maximal viel gelernt!!!
WICHTIG:
Wichtig ist folgendes Grundgesetz: Alle Blutungen aus dem Darm (rektale Blutung; Hämatochezie) gehören mit der Koloskopie (Darmspiegelung) abgeklärt. – Auf die systematische Vorsorgekoloskopie ab dem 50. Lebensjahr muss an dieser Stelle eindringlich hingewiesen werden: Durch die vollständige Abtragung von Dickdarmpolypen/-adenome (= Vorstufen des Dickdarmkrebses = Kolorektales Karzinom) kann der Entstehung eines späteren Dickdarmkrebses wirksam entgegen gewirkt werden.
Der nun folgende Abschnitt befasst sich mit der Behandlung von Hämorrhoiden:
Besteht ein Hämorrhoidalleiden so erfolgt die Behandlung stadiengerecht (s.o.): geringe Blutungen (Stadium 1) kommen meist spontan (=von selbst; = 80%) zum Stillstand. Ist das nicht der Fall, gibt es Verödungsverfahren (Injektion eines Sklerosierungsmittels) oder die sog. Gummibandligatur; beides ist vom/von wissenden Ärzt*in ohne Lokalanästhesie (Betäubung) ambulant durchführbar.
Jucken und Fremdkörpergefühl (Stadium 1 oder 2, s.o.) lassen sich meist konservativ behandeln: sorgfältige Analhygiene. d.h. Abduschen mit klarem Wasser nach dem Stuhlgang, Sitzbäder mit Kamille- oder Eichenrindezusatz, keine rauhes WC-Papier, d.h. kein „Reiben“ am Afters, sondern Abtupfen mit Handtuch, höchstens feuchtes WC-Papier, keine Seife; Flavonoid-Tabletten, die Stoffwechsel und Mikrodurchblutung im Hämorrhoidalgebiet verbessern, kühlende Salben, Zäpfchen mit und ohne Cortison. Zusätzlich sog. Stuhlweichmacher, Leinsamen, genug Flüssigkeit trinken. – Welche Therapie angewendet werden soll, kann wiederum nur der/die wissende Ärzt*in entscheiden; „probieren“ könnt Ihr es selbst .. bis zum Arzttermin. – Hämorrhoiden im Stadium 3 (s.o.) und, wenn sie Beschwerden machen, eignen sich für eine operative Behandlung; die verschiedenen Methoden s. weiter unten.
Sogar ein thrombosierter Hämorrhoidalknoten/Stadium 4 kann im überwiegenden Teil (ca. 60%) konservativ behandelt werden. – Entschließt man sich zur Operation eines einzelnen thrombosierten Knotens, kommt dem/der Patient*in der Vorteil einer geringen Rezidvhäufigkeit zugute, auch von Hämorrhoidalknoten anderer Lokalisation („Sentinel-Knoten“). - Besteht ein anderer Befund als „Hämorrhoiden“ (!! wissende/r Ärzt*in, wie schon mehrfach angemerkt!) z.B. Analfissur – so ist die Behandlung entsprechend anders: Zäpfchen, Salben, z.B. Nifetibin-Salbe, die zu einem geringeren Druck des Schließmuskels und damit zur Ausheilung der Analfissur führt, - bitte auf die seltene Nebenwirkung von Kopfschmerzen zu achten! – Behandlung mit Botulinum-Toxin – Injektionen/reduziert ebenso den Schließmuskeldruck, in seltenen Fällen Operation.
Die oben angeführten anderen Erkrankungen der Analregion (Abszess, Fistel, Karzinom, etc.) bedürfen logischer Weise adäquater Behandlungsformen/Operationen. – In manchen Fällen (Proktitis) ist ein/e Hautärzt*in heranzuziehen.
Zuletzt die für das Hämorrhoidalleiden angebotenen Operationsverfahren:
Traditionelle Op.Verfahren sind die resezierenden (=“schneidende“) Op.verfahren wie die Hämorrhoidektomie nach Milligan-Morgan (Ferguson, Parks), bei der ein bis drei Hämorrhoiden reseziert werden; überwiegend in Allgemeinnarkose. Patient*innen können meist am nächsten Tag, in der Schweiz am gleichen Tag, nach Hause gehen. Gewisse postoperative Schmerzen sind in Kauf zu nehmen, können aber mit Schmerzmitteln gut kontrolliert werden. Diese Eingriffe haben eine geringe Komplikations- und Rezidivrate.
Minimal invasive Op.verfahren wie ultraschallgezielte Hämorrhoidalarterienligatur ev. mit Raffung des Gewebes (HAL-RAR) und Hämorrhoidopexie nach Longo, bei der mit einem Klammernahtapparat die Dickdarmschleimhaut reseziert und damit die Blutzufhr zu den Hämorrhoiden gedrosselt wird und zusätzlich die Hämorrhoiden in den Analkanal „hineingezogen werden“. Das Verfahren nach Longo hat sich beim Rektumschleimhautprolaps/Analprolaps bewährt. – Letzteres Verfahren hat insgesamt eine höhere Rezidivhäufigkeit und ganz selten schwere Komplikationen zur Folge, wenn der Stapler falsch gehandhabt wird. – Insgesamt haben Hämorrhoidal-Operationen eine geringe Komplikationsrate und eine hohe Patientenzufriedenheit, wenn sie richtig/sparsam eingesetzt werden.
Für die Aufklärung über die jeweilige Operation + mögliche Komplikationen sowie Alternativen ist der wissende Arzt/Ärztin zuständig.
Zusammengefasst, bitte keine Panik vor/bei Hämorrhoiden, sammelt eigenes Wissen (s.o.) und helft Euch selbst, bevor Ihr zum wissenden Arzt/Ärztin geht!
Was gibt es Neues bei der Divertikulitis?
Wenn Ihr so etwas noch nicht gehabt habt, seid froh! – Schmerzen im linken Unterbauch, ähnlich einer Blinddarmentzündung (Appenditis), .. nur eben links; - - der Wurmfortsatz/Appendix/“Blinddarm“ ist im rechten Unterbauch!
Was sind Divertikel? – Das sind wenige mm bis 1 cm große Ausstülpungen der Darmwand (=Divertikulose), die sich entzünden (=Divertikulitis) können.
Die Divertikulitis findet meist am S-förmigen Dickdarm (Sigma) statt, daher auch Sigma-Divertikulitis genannt; auch in anderen Darmabschnitten sind Divertikel möglich.
Diese Erkrankung ist häufig in Zivilisationsländern anzutreffen und wird auf ballaststoffarme, fettreiche Kost zurückgeführt, erhöhtem Druck im Darm, und ist oft mit Übergewicht vergesellschaftet.
Die Behandlung erfolgt überwiegend konservativ, d.h. ohne Operation; in leichten Fällen ambulant mit Diät, mit oder ohne Antibiotikum, in mittelschweren Fällen mit Spitalsaufenthalt, Infusionen und Antibiotika.
Bei Komplikationen (z.B. Perforation, = Darmdurchbruch) muss sofort operiert werden.
Nach Erholung von einer akuten Divertikulitis (4-6 Wochen) ist eine Coloskopie zum Ausschluss eines gleichzeitig bestehenden Darmkrebses vorzunehmen.
Eine operative Sanierung der Divertikulitis – meist laparoskopisch = minimal invasiv = Schlüssellochchirurgie - ist dann angezeigt, wenn die konservative Behandlung nicht anspricht oder nach mehreren Schüben die Lebensqualität leidet oder eine Darmverengung (Stenose) im Laufe der Erkrankung entsteht. Auch Blutungen aus Darmdivertikeln sind möglich, die endoskopisch (Coloskopie) gestillt werden oder von selbst aufhören zu bluten oder (selten!) operiert werden müssen.
Neu ist das ständig steigende Wissen um die Divertikulits, das aus großen Fallstudien resultiert, zuletzt präsentiert beim Internationalen Chirurgenkongress, Virtual Surgical Week, 30.8.-3.9.2021:
50% der Über 60-Jährigen haben Divertikel, die großteils (weil sie keine Beschwerden machen) nicht behandlungsbedürftig sind. – Den Betroffenen wird empfohlen: ballaststoffreiche Kost, viel Flüssigkeit, körperliche Bewegung machen, Übergewicht vermeiden, gelegentlich eine Vorsorgekoloskopie (Darmspiegelung) vornehmen zu lassen: Suche und Entfernen von Polypen (Krebsvorstufen) und Ausschluss eines kolorektalen Carcinoms (Darmkrebs).
Merke: bei allen Gesunden sollte ab dem 50.Lebensjahr eine Vorsorgekoloskopie vorgenommen werden!
In westlichen Ländern hat in ca. einem Viertel-Jahrhundert (1980 bis 2007) eine 66%ige Zunahme der Divertikulose stattgefunden.
Hingegen erleiden nur 5-25% aller asymptomatischen (d.h. ohne Beschwerden, Schmerzen einhergehender) Divertikel-Träger (= Divertikulose) eine Divertikulitis (= Divertikel mit Entzündung und Schmerzen).
Aber, und das ist tröstlich: nur 12% der Divertikulitis-Betroffenen bekommen Komplikationen wie Abszess, Fistel, Stenose, Blutung, Perforation und: - nur 20% bekommen nach dem Erstauftreten der Divertikulitis (=1.Schub) innerhalb von 10 Jahren einen zweiten Schub. Ein weiterer statistischer Wert: mit der Zunahme der Schübe wird eine Perforation sogar unwahrscheinlicher.
Zusammengefasst: Geht zum/r Doktor*in, der/die sich mit der Divertikulitis auskennt. – Ein individuelles Vorgehen )=personalisierte Medizin) ist angezeigt!
Mikrobiom
Kennt Ihr die Bedeutung des Mikrobioms? – Unter Mikrobiom versteht man die Gesamtheit aller Bakterien/Mikroorganismen, z.B. Darmbakterien, auch die natürliche Darmflora genannt; das sind Milliarden von Bakterien, zum Großteil „nützlich“ und für eine normale Verdauung und ein normales Leben unerlässlich. Dieses Mikrobiom wird durch zahlreiche Faktoren gestört: Medikamente, am bekanntesten sind dabei Antibiotika, aber auch durch Nikotin, Alkohol, Diabetes mellitus, Stress, „schlechte Lebensgewohnheiten“ – Diese Störung des Mikrobioms hat negative Auswirkungen, z.B. Störung der Verdauung, Durchfall (am bekanntesten ist dabei die „Antibiotikakolitis“; sog. Überwucherung unliebsamer Darmbakterien wie Clostridium difficile), Beschwerden des Bewegungsapparates, Gelenksschmerzen, aber auch psychische Störungen.
In einer Studie beeinflussten 24% von 1000 getesteten Medikamenten zumindest einen Bakterienstamm der Darmflora. – „Pessimisten“ ermittelten, dass nach Antibiotikatherapien die Darmflora bis zu einem halben Jahr gestört sein kann; manche „nützliche“ Bakterienstämme erholen sich dabei nie! – Unzweifelhaft ist jedoch der Gebrauch von Antibiotika dort, wo sie indiziert (=angezeigt) sind!!
Was kann man gegen die Störung des Mikrobioms tun? – Hinterfragen Sie bei Ihrem ArztIn die Sinnhaftigkeit verschriebener Medikamente, insb. soll der nicht-indizierte Gebrauch von Antibiotika verhindert werden. – Prophylaktisch/therapeutisch können sog. Probiotika, das sind Ansammlungen verschiedener Darmbakterienstämme in Medikamentenform (Tabletten, Tropfen, etc.) verabreicht werden. – Wichtig ist mir, dass Sie die Bedeutung des Mikrobiom kennen!
Infektionsprophylaxe im Krankenhaus – Nosokomiale Infektionen – Hospitalismus
An erster Stelle steht die sog. Antibiotikaprophylaxe, das ist die einmalige, intravenöse Gabe eines Antibiotikums ca. ½ Stunde vor Operationsbeginn bei allen Operationen, bei denen eine Infektion/Infektion der Operationswunde droht. – Welche Operationen (Herzoperation, Hüftoperation, Darmoperation, ..) eine Antibiotikaprophylaxe benötigt, muss Ihr Operateur wissen.
Doch es gibt noch etwas anderes! – In den letzten Jahren konnten Wissenschaftler zeigen, dass postoperative Infektionen ( insb. durch Staphylokokken verursachte) durch sog. Hautdekontamination verhindert werden können. Dekontamination heisst, dass durch Desinfektionsmittel Haut- und Schleimhäute keimfrei oder zumindest keimarm gemacht werden können. In der Praxis: 5 Tage vor einer Operation wird einmal täglich mit einer desinfizierenden Lotion geduscht; zusätzlich 2-3 mal täglich die Nase mit einem desinfizierenden Gel behandelt. Mit dieser Methode gelang es die (ohnehin schon niedrige) Infektionsrate in der Herzchirurgie und operativen Orthopädie signifikant zu senken.
An einem „guten“ Spital sollte es ein „Antibiotika-Stewardship“ geben, d.h. ein spezialisierter ArztIn für den optimalen Einsatz von Antibiotikaanwendung bzw. deren Vermeidung.
Risiko Darmkrebs
In den meisten Statistiken, bei Mann und Frau getrennt, ist der Darmkrebs die zweithäufigste Krebsart; Bis50% der Betroffenen sterben daran, zumindest in historischen Statistiken. Seit Einführung der Vorsorge-Coloskopie besteht die Annahme, dass durch Entfernung sämtlicher gutartiger Polypen im Dickdarm (eben im Rahmen der Vorsorge-Coloskopie) die Entstehung des Darmkrebses überhaupt verhindert werden kann. Auch wenn dieser Ansatz sehr optimistisch anmutet, ist die Vorsorge-Coloskopie ab dem 50. Lebensjahr und ca. alle 7 Jahre (bei gesundem Darm!) das Mittel der Wahl und einer der stärksten Waffen im Kampf gegen den Krebs!- Alternativ gibt es die CT-Colographie, ein röntgenologisches Verfahren, bei dem mit Computertomographie ein färbiges, realistisches Bild vom Dickdarm (= Colon) hergestellt wird. Nachteil: man kann keine Proben (Biopsie) entnehmen, und keine Polypen abtragen.
Nach neuesten Forschungen ist die Adipositas (Übergewicht, Fettsucht) ein signifikanter Risikofaktor für das Entstehen von Dickdarmkrebs (Colo-rektales Karzinom). Folgender Mechanismus liegt zugrunde: In bei Fettsucht wesentlich vermehrtem Fettgewebe kommt es zu Stressreaktionen und nachfolgender inflammatorischer(= entzündlicher) Störung des Immunsystems. Dadurch können Tumorzellen heranwachsen. – Auch Nieren- und Bauchspeicheldrüsen (Pankreas-) krebs sind bei Adipösen vermehrt anzutreffen.
Wissenschaftler in USA haben berichtet, dass Rauchen und Armut Risikofaktoren für Darmkrebs sind: So gibt es im „armen“ Bundesstaat Kentucky signifikant mehr Darmkrebs, und dieser in mehr fortgeschrittenen Stadien als im übrigen Amerika(USA). – In Kentucky werden 19% der Menschen als arm angesehen, in den gesamten Vereinigten Staaten sind es 15%!
Interessant!!: 4 Tassen Kaffee (wohlgemerkt Espresso, „italienischer“ Kaffee!) verringert das Darmkrebsrisiko um 40%(?!)
Nice to know: In der Darmkrebsvorsorge ist der „Blut im Stuhl - Test“ (Hämokkulttest) etabliert. Bisher mussten PatienInnen eine fleischlose Diät vor dem Test einhalten, um das Ergebnis nicht zu verfälschen. Jetzt gibt es einen neuen Test (FIT – FecalImmunochemical Test) der nur auf menschlichen Blutfarbstoff (Hämoglobin) empfindlich ist - Trotzdem bleibt die Vorsorge-Coloskopie das Mittel der Wahl, da nicht alle Karzinome Blut absetzen!!
Sodbrennen
Wichtig!! – Barrett – Ösophagus (Speiseröhre): Es handelt sich dabei um eine Zellveränderung am Übergang der Speiseröhre (Ösophagus) in den Magen. Ursache hiefür ist der gastro-ösophageale Reflux (Zurückfließen von saurem Mageninhalt in die Speiseröhre). Die für Magensäure empfindliche Schleimhaut der Speiseröhre (Plattenepithel) wird dabei umgewandelt (in sog. Zylinderepithel, das sonst im Magen vorkommt); diesen Vorgang nennt man Metaplasie; bei weiterer „Verschlechterung“ entsteht eine Dysplasie. Die letzte Stufe der Verschlechterung ist die „High Grade Dysplasie“ die bereits als Präkanzerose (Krebsvorstufe) angesehen wird. Das Krebsrisiko ist allerdings nicht so groß: von allen Barrett-PatientInnen bekommen 0.3% pro Jahr ein Karzinom. – Vom Barrett betroffen sind 1-2 % aller Menschen, in USA sind es 5 %!
Was macht man dagegen? – Alle Menschen mit Reflux (Sodbrennen) gehören endoskopisch (Gastroskopie) beobachtet. Der mögliche Krankheitsablauf („Kaskade“) Reflux – Metaplasie (Barrett) - low grade Dysplasie – high grade Dysplasie – Karzinom sollte allen bekannt sein. – Protonenpumpeninhibitoren (PPI) sind das erste Mittel(Medikament) der Wahl.
Diagnose(Österreichischer Barrett Konsensus): Gastroskopie und alle 2 cm ein 4-Quadrantenbiopsie vornehmen - Therapie: zuerst gastroskopische Beobachtung alle 1 – 3 Jahre bei fehlender intraepithelialerNeoplasie; - endoskopische Operationen stehen zur Verfügung: Radiofrequenzablation, Mukosaresektion.
Facit: Reflux, Barrett und Co. sind ausgesprochenes Spezialistentum; nur der speziell darin ausgebildete ArztIn kann Sie richtig beraten.
Presseartikel
Kronen Zeitung - Unsichtbare Narben>> zum Artikel
Ärzte Woche 26: Frühe OP bei akuter Cholecystitis>> zum Artikel
Kronen Zeitung - Sprechstunde>> zum Artikel
Kurier Zeitung - Antibiotika statt unters Messer>> zum Artikel
Was gibt es Neues in der Chirurgie - Roboterchirurgie | 07.08.2017
Der Begriff Roboter ist etwa 100 Jahre alt, hängt mit dem Wort „robotny“ zusammen und ist gleichzusetzen mit einer dem Menschen ähnlichen Maschine, die definierte Arbeiten verrichtet. Der Begriff Roboterchirurgie ist allerdings etwas anders zu verstehen: Dabei sitzt der Chirurg in einem Schaltraum und betätigt Instrumente. Diese von Menschen-Gehirn und Menschen-Hand geleitete Tätigkeit wird auch als Telemanipulator bezeichnet und hat den Vorteil, dass menschliche Bewegungen durch den Telemanipulator mit höherer Präzision ausgeführt werden können und dass die Sicht auf das Operationsfeld besser ist, als bei herkömmlicher laparoskopischer oder offener Chirurgie.
Die Roboterchirurgie gibt es bereits seit über 20 Jahren und hat in Österreich zu Erstpublikationen auf dem Gebiet der mittels Robotern durchgeführten Gallenoperationen geführt. In den letzten Jahren sind durch Verbesserungen des Roboters (Telemanipulators) Fortschritte erzielt worden, sodass sich die Roboterchirurgie in den Jahren 2016/17 steigender Akzeptanz erfreut.
In der Urologie wird die Roboter-assistierte Prostatektomie (beim Karzinom) seit vielen Jahren routinemäßig angeboten. In den USA wird die Roboter-assistierte Prostatektomie als kräftiges Marketinginstrument verwendet. Blickt man in die umliegenden Staaten (Schweiz, Deutschland, Italien) so erkennt man, dass in den letzten Jahren einige Operationen an spezialisierten Kliniken bevorzugt mit dem Roboter durchgeführt wurden: Operationen zur Gewichtsreduktion (Magen- Bypass; Schweiz), Operationen gegen Sodbrennen (Fundoplikatio; Schweiz): Es werden geringere Komplikationsraten beschrieben und trotz höherer Anschaffungskosten ökonomische Vorteile durch weniger Komplikationen und kürzere Liegedauer erzielt. In Deutschland bestehen erste positive Erfahrungen in der Chirurgie der Bauchspeicheldrüse, beim Magen- und Speiseröhrenkrebs.
Die Chirurgie kann mit dem Telemanipulator (Robotik) nicht nur präziser durchgeführt werden, es wird der physiologische Tremor des Chirurgen ausgeschaltet!
In Österreich und Deutschland bestehen erste Erfahrungen in der Roboterchirurgie beim Mastdarmkrebs, laparoskopisch durchgeführt unter Erhalt des eigenen Schließmuskels.
In Österreich liegt die Anzahl von Robotern, die der Chirurgie zur Verfügung stehen, noch im einstelligen Bereich. Durch ein größeres Angebot mehrerer konkurrierender Firmen ist eine maßgebliche Reduktion der Anschaffungskosten, die derzeit noch bei 1 Mio. Euro liegt, zu erwarten. Die erwiesenen Vorteile dieser neuen Chirurgie und deren Objektivierung müssen noch abgewartet werden.
Roboter-assistierte Chirurgie wird zweifellos zur weiteren Zentrumsbildung für schwere chirurgische Erkrankungen führen. Die Roboterchirurgie wird möglicherweise ihren Beitrag zu noch höherer Patientensicherheit und Verbesserung der Ergebnisse der Chirurgie führen.
SERIE: CHIRURGIE FÜR DIE PRAXIS
ÄRZTE KRONE: Leistenbrüche bei Erwachsenen – worauf ist zu achten?>> zum Artikel
ÄRZTE KRONE: Bei Oberbauchschmerzen an Gallensteine denken! >> zum Artikel
ÄRZTE KRONE: Hämorrhoidalleiden: Differenzialdiagnose besonders wichtig! >> zum Artikel
ÄRZTE KRONE: Varizen stadiengerecht behandeln >> zum Artikel
Neue Therapieansätze in der Chirurgie | 19.01.2015
1) Muss jede Leistenhernie operiert werden?
In den letzten Jahren sind Zweifel aufgetreten, ob jeder Leistenbruch des Erwachsenen tatsächlich operiert werden muss. Das war Schulmeinung durch Jahrzehnte! Durch Studien ist es nun bewiesen, dass kleine, wenig Beschwerden verursachende Leistenbrüche nicht operiert werden müssen, sondern genauso auch über Jahre sorgfältig beobachtet werden können („Watchful waiting“). Andererseits empfehlen diese Studien, dass Patienten, die von ihrem Leistenbruch Beschwerden haben, in ihrer Lebensführung beeinträchtigt sind, den Leistenbruch als störend empfinden, usw. sehr wohl einer Operation zugeführt werden sollen!
Inhalt der Studien (kleine wenig symptomatische Leistenbrüche operieren oder sorgfältig beobachten?): Beide Gruppen schneiden bezüglich des Schmerzes gleich gut ab, das Allgemeinbefinden ist bei der operierten Gruppe besser. Innerhalb von zwei Jahren ließen sich 20% der nicht operativen Gruppe wegen Beschwerden operieren.
Das Risiko der Einklemmung war jedoch unerwartet gering: Es betrug innerhalb von zwei Jahren 0,3 bzw. 0,18% (2 Studien).
2) Muss jede Blinddarmentzündung (Appendicitis) operiert werden?
In den letzten Jahren sind Studien bekannt geworden, nach denen unter gewissen Bedingungen (Studienbedingungen) Blinddarmentzündungen (Appendicitis) auch mit Antibiotika behandelt werden können, d.h. nicht operiert werden müssen. Ausgangspunkt für diese Studien waren Beobachtungen an Marinesoldaten und Expeditionsteilnehmern, die situationsbedingt bei vermuteter Blinddarmentzündung Antibiotika einnahmen und gesund wurden.
Über dieses Thema gibt es vier kontrollierte Studien. Das Antibiotikum wurde für zwei Tage über die Vene verabreicht, für weitere 8 Tage als Tabletten verschrieben. Selbverständlich wurden in diesen Studien alle Patienten von einer alleinigen Antibiotikatherapie ausgeschlossen (d.h. operiert), die einen Perforationsverdacht (Blinddarmdurchbruch) hatten, unter starken Schmerzen litten oder an einer derartigen Studie nicht teilnehmen wollten.
Ergebnis der Studien: Von der nicht operierten, d.h. nur mit einem Antibiotikum behandelten Gruppe, waren nach einem Jahr 67% bezüglich einer Blinddarmentzündung in Ordnung, d.h. sie haben innerhalb eines Jahres keine Operation wenig Blinddarmentzündung benötigt. Das Rückfallrisiko (d.h. nochmals eine Blinddarmentzündung zu bekommen) ist höher, wenn Koprolithen (Stuhlsteine) in der Appendix (Wurmfortsatz, Blinddarm) vorgefunden wurden. Diese Stuhlsteine können mit Ultraschall oder CT festgestellt werden.
Zusammenfassung: Die Behandlung der Blinddarmentzündung durch Antibiotika (ohne Operation) kann derzeit nur unter Studienbedingungen, im Krankenhaus und von spezialisierten ÄrztInnen durchgeführt werden.
Business Lunch - Initiative WundGesund | 30.05.2014
Presseinformation>> zur Info
Keine Angst vor Hämorrhoiden | 05.12.2013
Hämorrhoiden & Co
Ein kurzer Leitfaden durch die Proktologie
(Lehre von den Erkrankungen des Afters)
Patienten/innen mit Erkrankungen des Afters (Anus), seien es Hämorrhoiden oder andere Erkrankungen, haben zwei Gemeinsamkeiten:
Heftige Bauchschmerzen? | 06.05.2013
Ist ein Gallensteinleiden die Ursache?
Durch Gespräch und einfache körperliche Untersuchung kann Ihr Chirurg/Chirurgin in den meisten Fällen zumindest die Verdachtsdiagnose "Gallensteine oder Gallenblasenentzündung" stellen:
1. Krampfartige Schmerzen im rechten Oberbauch, die in den Rücken und die rechte Schulter ausstrahlen sowie
2. eine schmerzlose Ultraschalluntersuchung, die jedes Röntgeninstitut durchführen kann, führen rasch zur Diagnose bzw. zum Ausschluss eines Gallensteinleidens als Ursache für Bauchschmerzen.
Bauchschmerzen
Bauchschmerzen sind ein häufiger Grund, warum Menschen einen Arzt/Ärztin aufsuchen. In den meisten Fällen handelt es sich um leichte Erkrankungen, wie Infektionen des Magen-Darm-Traktes (Gastroenteritis, Enterocolitis), Reizzustände oder funktionelle Probleme mit Stuhlverhalt (Obstipation). In anderen Fällen bestehen spezielle entzündliche Darmerkrankungen (Divertikulitis, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa), die auch eine spezielle Therapie, manchmal Operation, bedürfen. Bereits für diese Patientengruppe ist der Chirurg/Chirurgin der ideale Ansprechpartner, um das weitere Vorgehen hinsichtlich Diagnostik und Behandlung festzulegen. - Hingegen sind Blinddarmentzündung (Appendicitis) und Gallensteinleiden (Cholelithiasis) sowie Gallenblasenentzündung (Cholecystitis) Erkrankungen, für die der Chirurg/Chirurgin sich als erster Ansprechpartner am besten eignet: Appendicitis äußert sich durch Schmerzen im rechten Unterbauch, meist bohrend, stechend, manchmal dumpf, vergesellschaftet mit Erbrechen oder Brechreiz.
Gallebeschwerden äußern sich in Form von krampfartigen Schmerzen im rechten Oberbauch, in den Rücken und die rechte Schulter ausstrahlend. Manchmal bestehen Schmerzen in der Magengrube oder unspezifische Oberbauchschmerzen. Die sogenannte Gallenkolik (krampfartige Schmerzen im rechten Oberbauch mit Ausstrahlung, siehe oben) dauert meist nur wenige Minuten. Besteht ein Dauerschmerz über mehrere Stunden sowie ein druckempfindlicher rechter Oberbauch, eventuell auch Fieber, so kann man von einer Gallenblasenentzündung ausgehen. In all diesen Fällen ist die Operation die Methode der Wahl. Alternativen wie Gallensteinzertrümmerung mit Schallwellen sowie Gallensteinauflösung werden wegen schlechter Langzeitergebnisse nicht mehr angeboten. Bei wenigen PatientInnen, bei denen eine Operation aus allgemeinen Gründen nicht in Frage kommt, steht bei Entzündung der Gallenblase auch eine Antibiotikatherapie zur Verfügung. Im Falle einer durchgemachten Gallenkolik und momentaner Beschwerdefreiheit wird der Operationszeitpunkt der Wahl vom Chirurgen/Chirurgin vorgeschlagen, d.h. Operation nach Tagen bis Monaten, je nach Kapazität und Zeitplan von Patient und Arzt. Im Falle der akuten Entzündung erfolgt die Operation in optimaler Weise innerhalb von 48 Stunden.
Seit 23 Jahren steht in Österreich die minimal invasive Chirurgie (Schlüssellochchirurgie, laparoskopische Chirurgie) des Gallensteinleidens zur Verfügung. Durch diese bereits jahrzehntelange Erfahrung können mehr als 90% der Gallenblasenoperationen minimal invasiv (laparoskopisch) angeboten werden. Das Risiko nicht laparoskopisch operiert werden zu können ("Umstieg auf die offene Operation") steigt mit dem Entzündungsgrad der Gallenblase: So werden 98 bis 100% der laparoskopisch begonnenen Gallenblasenoperationen im entzündungsfreien oder -armen Stadium auch laparoskopisch beendet. Bei schwerer Entzündung oder Verwachsung (Verschwartung) nach durchgemachter Entzündung im Bereich der Gallenblase kann die Umstiegsrate auf die offene Operation 10 bis 20% betragen. Beim Gallenblasencarcinom (immerhin 1% aller Gallensteinträger) wird immer offen operiert.
Soll nach einmaliger Gallenkolik bereits operiert werden?
Grundsätzlich soll operiert werden, da man aus Statistiken weiß, dass sich die Beschwerden wiederholen und auch Komplikationen dazu kommen, wie Gallenblasentzündung, Ausdehnung des Gallensteinleidens auf den Gallengang (Choledocholithiasis), Gallengangsverschluss mit Gelbsucht (Ikterus), Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis) und Gallenblasenkrebs, zwar nur zu 1%, aber nur bei Gallensteinträgern vorkommend.
Zusammenfassend ist die hohe Wahrscheinlichkeit der Komplikation eines einfachen Gallensteinleidens der Grund, warum der Chirurg/Chirurgin bereits nach einmaliger Kolik zur Operation rät.
Kann man hinsichtlich des Gallensteinleidens vorsorgen?
Grundsätzlich ist jedem Menschen eine gesunde Ernährung anzuraten. Andererseits weiß man, dass weder "schlecht Essen" noch Übergewicht oder Fettsucht zwangsläufig zum Gallensteinleiden führen. Als Ursache des Gallensteinleidens wird vielfach eine Mobilitätsstörung (Beweglichkeitsstörung) der Gallenblase angesehen. Ein diesbezügliches Eingreifen der Medizin zur Verhinderung der Steinentstehung ist bis dato nicht bekannt. Gallensteine treten genauso bei jungen und/oder sportlichen Menschen auf. Eine generelle Prophylaxe ist nicht möglich.
Kann man Gallensteine feststellen, bevor sie noch Beschwerden machen? Was ist dann zu tun?
Eine einfache schmerzlose Ultraschalluntersuchung, die jedes Röntgeninstitut macht, kann Aufschluss geben, ob ein Mensch Gallensteine hat oder nicht. Die Treffsicherheit der Ultraschalluntersuchung liegt bei 95%. Ein Gallensteinleiden ohne Beschwerden (asymptomatisches Gallensteinleiden) kann nach den Regeln der Schulmedizin nur beobachtet werden. Lediglich beim Diabetiker ist eine prophylaktische Operation angezeigt wegen der größeren Neigung zur Gallenblasenentzündung. Bei allen anderen Patienten entscheidet das Gespräch Patient-ChirurgIn, ob nicht doch prophylaktisch operiert werden kann: Gerade Menschen, die viel reisen, stellen die Frage nach einer prophylaktischen Operation. Das Risiko bei asymptomatischem Gallensteinleiden doch Beschwerden zu bekommen, liegt bei 3% pro Jahr. Das Risiko einer laparoskopischen Gallenblasenoperation (Cholecystektomie) beim nicht komplizierten Gallensteinleiden, d.h. bei "leicht durchführbarer" Operation liegt weit unter 1%. Das ist in jedem Fall individuell abzuwägen. Die Entscheidung wird im Gespräch mündiger Patient-kompetenter Arzt getroffen!
Wie funktioniert die Operation?
Die Operation erfolgt immer in Vollnarkose(Allgemeinanästhesie) und grundsätzlich laparoskopisch: Dazu muss über eine spezielle Sicherheitsnadel Gas in die Bauchhöhle eingebracht werden, damit sich die Bauchdecke von den Eingeweiden abhebt. Als nächster Schritt werden vier jeweils 5 bis 12 mm dicke Sonden in die Bauchhöhle eingebracht. Durch eine Sonde, meist am Nabel, wird eine Optik eingeführt. Diese Optik ist mit einer Kamera verbunden, die somit eine Fernsehdirektübertragung aus der Bauchhöhle auf einen Bildschirm ermöglicht. Durch die anderen Hohlsonden werden Instrumente eingeführt, mit denen der Operateur an der Gallenblase (und genauso an anderen Organen) operieren kann. Durch die große Erfahrung an vielen chirurgischen Abteilungen in Österreich ist diese Operation sehr sicher. Der Operateur sieht das Operationsfeld zwar nur zweidimensional (also kein plastisches Sehen), dafür aber in Farbe und in Vergrößerung.
In letzter Zeit wurden zahlreiche Möglichkeiten gefunden, die Operation noch weniger invasiv also noch weniger traumatisierend zu gestalten: Einerseits durch Reduktion der Zugänge (der eingeführten Sonden) von vier auf drei, weiters durch Reduktion der Sondendicke von 12 bzw. 5 mm auf 5 bzw. 3 oder 2 mm. Andererseits wurde die SILS-Technik (Single Incision) in die laparoskopische Chirurgie eingeführt: Dabei wird nur ein operativer Zugang am Nabel gewählt, durch den sämtliche Instrumente zur Operation in die Bauchhöhle eingebracht werden. Auch die NOTES-Technik wird gelegentlich verwendet: Der operative Zugang wird durch den Magen oder durch die Scheide gewählt, um jegliche sichtbare Narbe am Bauch zu verhindern. In allen Operationstechniken gibt es in Österreich auch reichlich Erfahrung.
Zusammenfassend kann ihnen nur der Chirurg/Chirurgin ihres Vertrauens Auskunft geben, welche minimal invasive Technik für den Patienten/Patientin am besten ist! Oberstes Gebot in der Chirurgie ist, nicht zu schaden ("Nil nocere").
Nach laparoskopischer Gallenblasenoperation (Cholecystektomie) bleiben Patienten in der Regel 1-3 Tage im Spital. Der postoperative Verlauf ist schmerzarm bis schmerzlos. Nach weiteren 2-3 Tagen ist leichte berufliche Tätigkeit möglich. Sportliche Betätigung kann nach 8-10 Tagen begonnen werden.
Kann man ohne Gallenblase normal leben?
Die Gallenblase dient zur Sammlung und Eindickung der Galle (=eine Flüssigkeit, die von der Leber produziert wird). Im Falle einer operativen Gallenblasenentfernung übernimmt der Gallengang die Funktion des Galletransportes in den Dünndarm, wo Galle zur Verdauung (von Fett) benötigt wird. Nach laparoskopischer Cholecystektomie ist ein vollkommen normales Leben möglich. Eine spezielle Diät ist daher nicht sinnvoll und wird auch nicht empfohlen.
Zusammenfassung:
Gallensteinerkrankungen gehören (gemeinsam mit den Leistenbrüchen) zu den häufigsten Operationen in der Chirurgie. Daraus geht hervor, dass ChirurgInnen durch die tägliche Konfrontation mit dieser Krankheit, sowohl in Diagnostik als auch Therapie (Operation) besonders gut bescheid wissen. Gallensteine kommen mit zunehmendem Alter häufiger vor. Rund 15% der weiblichen Bevölkerung und etwa 8% der Männer haben Gallensteine. Die Beratung, wann und wie (Operation überhaupt?, minimal invasiv, SILS, NOTES, usw.) behandelt werden soll, wird im Gespräch mündiger PatientIn - kompetenter ArztIn entschieden. Sämtlichen Komplikationen ist vorzubeugen: Cholecystitis, entzündliche Schrumpfgallenblase, Gallenblasenperforation mit galliger Peritonitis (Bauchfellentzündung), Steinwanderung in den Hauptgallengang mit Gallengangsverschluss und Gelbsucht (Ikterus), Bauchspeicheldrüsenentzündung.
Prof. Dr. A. Tuchmann